Table of Contents
Tag 39 11.05.07
115Mi @ 10h
- Arrgg. Um 0545 wurde ich unsanft geweckt, weil so'n trailerbewohnender Idiot seinen blöden Pickup 'ne halbe Stunde lang warm laufen lassen musste. Als einsatzerfahrer Ex-Soldat (Hehe, zu der Zeit jedenfalls) hatte ich zum Glück meine Ohrenstöpsel griffbereit und konnte noch bis 7 weiterschlafen. Dann hieß es Zelte abbrechen (a figure of speech, ich hatte natürlich nur ein Zelt) und schon gegen 8 war ich auf dem Rad. Muss irgendwie damit zu tun haben, dass ich schon zwei drei Tage jeden Morgen dasselbe mache (Oder das Gleiche? Ich weiß das gar nicht so genau).
- So. Radfahren. Das ging recht holprig los - und das lag nicht an mir, sondern an dem holprigen Radweg den ich befahren “durfte”. Der Spuk war aber schnell vorbei und auch der anfänglich abartige rush hour Verkehr auf Hwy 9 wurde mit der Zeit dünner. Es ist einfach toll, wenn es nach so einem verkorxten Tagesbeginn wieder bergauf geht. Und das ging es, um genau zu sein auf
elftausendfünfhundertundzweiundvierzig
Fuß, dem höchsten Punkt der Tour.
Die finalen und hässlichsten Meilen, man glaubt den Pass in der linken Bildhälfte zu sehen.
Das ist er aber nicht, die Strasse knickt nach rechts ab
Eigentlich wollte ich mein Fahrrad mit auf dem Bild haben, aber die Amis kamen mit meiner
Kamera nicht klar. Naja, ich kann froh sein, dass ich zur Abwechslung mal scharf bin
- Viel zu sehen war da oben wieder nicht, da aus klimadingsichen Gründen die Baumgrenze deutlich jenseits der 4000m war. Aber es gab wenigstens ein Schild!
Continental Divide
Hoosier Pass
11'542ft
Was ist diese "Continental Divide"? Grob gesagt ist das ein gedachter Höhenzug der Amerika teilt Jeder Wassertropfen der sich einmal östlich der CD befindet landet irgendwann im Atlantik und dementsprechend landet jeder Wassertropfen der sich einmal westlich davon befindet im Pazifik. Und von den Wassertropen genau auf der CD weiß ich soviel wie von Schroedingers Katze.
- Ich hatte es also geschafft! Von jetzt an ging es per definition bergab! Und zum Anfang steiler als ich das eigentlich wollte, da hab ich wieder meine Bremsgummis riechen dürfen. Danach folgte eine Weile lockeres Bergabfahren und wiederum danach wurde es etwas chaotisch. Ich war in einer Touristengegend gelandet, der Highway wurde wieder voller und unbenutzbar und für mich blieb ein Netz von Radwegen. Die waren auch ganz reizvoll, aber eindeutig eher für den landschaftsverliebten Wochenendradler gedacht als für den schwerbeladenen eigentlichvorwärtsundnichthochrunterlinksrechtskommenwollenden Reiseradler.
Ich könnte da auch wohnen, zur Not
Ich hoffe die haben da strenge Promillegrenzen für Radfahrer
- Nach und nach kam ich mich durchfragenderweise trotzdem vorwärts und nachdem Ich die Städtchen Frisco (das Goldrausch - Frisco) und Silverthorne hinter mir hatte ging es wieder normal vorwärts. Zuvor allerdings besuchte ich in Silverthorne meine erste Ranger Station! Krass, wa?
- Ich war übrigens immer noch auf Highway 9, der sich jetzt anfühlte wie eine Thüringer Bundesstrasse,
sowohl vom Verkehr als auch vom Aufundab hersowohl Aufgrund des Verkehres als auch Aufgrund des Aufundabs. Aber bevor ich mich hier völlig in Details verliere und weil ich die Schrift in meinem Tagebuch nicht so richtig entziffern konnte: Die Strecke wurde mit der Zeit immer anspruchsvoller, bei 95Mi hätte eigentlich Schluss sein sollen, ich wollte aber gerne weiter, also hab ich mich ein bischen gequält und kam dann an meinem Wunschzeltplatz an.
- Der war eigentlich noch geschlossen, aber die Ranger hatten nichts dagegen, dass ich da trotzdem Zelte, solange ich meinen Müll mitnehme. Und Wasser oder Sanitäranlagen gab es nicht, aber dafür einen Fluss, es war also alles geregelt. Bis auf diese Bären-Geschichte..
- Von den Rangers hatte ich erfahren, dass es
- In der Gegend Bären gibt
- 2007 schon welche gesichtet wurden
- Bären zwar niedlich aussehen, aber nicht niedlich sind
- Und ich hab eine tolle Broschüre bekommen, was man denn in “Bear Country” beachten soll.
Was soll man in Bear Country beachten? Das wichtigste ist alles Essbare, alles Besteck, alle Aufbewahrungsgefäße und alles was irgendwie mit etwas Essbarem in Kontakt war sowie alle Kosmetika und alles was sonst noch riechen könnte zu nehmen und entweder in den Kofferraum zu tun oder in Minestens 4m Höhe in einen Baum zu hängen, mindestens 2m vom Stamm weg.
Auto? Baumstamm? Alles was jeh mit Essbarem in Berührung war?? Wollen die mich verarschen?
Ich hab also die erwähnten Dinge zusammengesammelt, also fast alles und ein Stückweit von meinem Zelt weg auf einer Bank deponiert und mit dem Poncho abgedeckt. So richtig gut geschlafen hab ich trotzdem nicht, ganz allein in der Wildnis, nur mit dem Bären zusammen.
Tag 40 12.05.07
113Mi @ 10h
- Es wurde sogar noch lustiger, irgendwann Abends/Nachts/Wasweissichdenn kamen zwei Typen, vermutlich Bärenjäger (nicht so warscheinlich) oder Angler (eher warscheinlich) und wollten just in die Gegend wo mein Zelt stand. Das mit dem Zelt ist den Jungs dann aber irgendwann aufgefallen und sie haben sich wieder verzogen. Hat die Nacht nicht unbedingt besser gemacht.
- Ich bin dann auch schon vor 7 aufgestanden weil ich nicht mehr schlafen konnte und konnte die angenehm schattige Tallage mit -2°C geniessen. Zitterfrier. Und gleich nach dem losfahren konnte ich den “Arapaho National Forrest” geniessen während ich mich zum nächsten Pass hocharbeitete.
Da isser:
ich war nach links unterwegs
- Moment, Continental Divide? Warum fahre ich wieder “Richtung” Atlantik? Wollen die mich schon wieder verarschen hier?
Ich hab euch im Auge meine lieben Geographen!
- Nach dem Pass ging es noch durch die “Arapaho National Wildlife Refuge”, aber von dem Wildlife das da refuged gabs nichts zu sehen und alle Wege die hineinführten waren eher für Quads gedacht als für Radfaher. Das ist halt das Schicksal mit Randgruppenhobbys wie Radfahren.
- Danach wurde es eine Strecke für die ganze Familie: es ging mal rauf, mal runter, mal mit Wind, mal ohne Wind, mal kurz, mal lang, mal steil. Da war wirklich für jeden Geschmack was dabei. Ausser vielleicht für Familie Langhammer, denn die Flora war eher eintönig. Und Ortschaften fehlten irgendwie. Um genau zu sein gab es die erste Ortschaft nach 44 Meilen. Die hatte dann 170 Einwohner, 3 Tankstellen, 3 Motels und 2 Schnapsläden. Alles klar?
- Übernachtet hab ich auf dem “Saratoga Lake Campground”, einem von der Stadt Saratoga verwalteten Zeltplatz. Ich hatte gehofft dort Zelter in meinem Alter anzutreffen, stattdessen gab es wieder nur die üblichen RV's (Recreational Vehicle = Wohnmobil), doof. Duschen gabs auch nicht, aber dafür ja den Namensgebenden See. Da haben die anwesenden Angler ein bischen doof dreingeblickt.. Zumindest wars eine gute Möglichkeit ins Gespräch zu kommen. Da waren tatsächlich Angler fürs Wochenende von Colorado hierher (ich war inzwischen in Wyoming) an diesen popeligen See gefahren. Ich habs nicht verstanden, “you're kidding, right?” hab ich mir gerade so verkneifen können.
Tag 41 13.05.07
113Mi in 10,5h
- Trotz der Übernachtung zwischen einer Strassenlaterne und einem Fahnenmast habe ich gut geschlafen und bin hochmotiviert losgezogen. Denn heute ging es nach 20 Meilen vorspiel auf die Autobahn. Ernsthaft! Es gibt in Wyoming einfach nicht genügend Strassen und daher musste ich etwa 20 Meilen auf dem Seitensreifen der Interstate 80 zurücklegen.
- Zwischendurch bin ich noch eine Schleife gefahren um die “Fort Steele State Historic Site” anzusehen. Ein Echtes Fort und das auch noch im Indianerland Wyoming, da musste sich der Umweg ja lohnen.
Fort Steele State Historic Site, ohne Kommentar
- Es hat natürlich nicht geholfen, dass ich gerade auf der Interstate abartigen Gegenwind hatte und kaum vorwärts kam, da hat sich das Wetter streng an Murphys Gesetz gehalten.
- Der Rest des Tages radelte sich so dahin. Wyoming ist eher eintönig, aber immer noch um längen unterhaltsamer als, z.B. Kansas. Ich hab locker eine Stunde mit der Frage verbracht warum denn die Antilopen sich nicht an den LKW stören aber vor mir wie gestört wegrennen.
- Übernachtet habe ich in Jeffrey City, dort gab es geschätzte 5 Einwohner und einen Campingplatz. Der bestand aus einer Sandfläche und ein paar Steckdosen. Und ich hab doof dreingeblickt. Einen Laden/Bar gab es auch noch und dort wurde ich von ein paar Whisky trinkenden Eingeborenen auf den “Picnic Shelter” verwiesen, eine nach drei Seiten offene Halle mit Betonboden und zwei, drei Sitzgarnituren. Und einem vergilbten “Lyon's Club” Schild, da hab ich wieder doof dreingeblickt.
- Nachdem ich mit blicken fertig war ließ es sich doch ganz gut aushalten. Es gab natürlich kein Wasser, aber sowas hat man ja dabei. Dabei habe ich die Hygiene vor meinen Magen gestellt, denn ich hab mich mit dem Wasser gewaschen und dafür keine frischen, sondern Nudeln aus der Doose gegessen. Jetzt seit ihr dran mit doof dreinblicken!