Tag 3

Mittlerweile fuhr ich endgültig in finsterer Nacht, den nach Györ war wieder Dorflandschaft angesagt. So richtig dolle war das mit der Zeit nicht mehr, denn die Phase um 1 rum ist neben dem Sonnenaufgang eine meiner schlechten Zeiten.

Ich fuhr also nicht mehr richtig munter und so ein Sekundenschlaf macht auf dem Rad genauso wenig Spass wie mit jedem anderen Fahrzeug also suchte ich mir ein Plätzchen zum Pausieren. Das fand ich auch irgendwann in Form eines Bushäusels in dem ich mich mit meinem Jäckchen bedeckt auf einer einladenden Holzbank niederließ.

Einschlafen war kein Problem, aber schon nach einer Stunde oder so (keine Ahnung, könnten auch zwei gewesen sein, oder ne halbe) war ich wieder wach. Das Häuschen war zwar etwas wärmer als Aussentemperatur, aber auf Dauer war es einfach zu kalt zum rumliegen, vor allem an meinen Knien. Die waren ja mit der ganzen Radfahrgeschichte schon nicht überglücklich und meldeten unbehagen an.

Also ging es wieder aufs Rad. Dort wurde ich wieder einigermaßen warm, aber so richtig wollte das nicht werden. Es war einfach ganz schön kalt und zumindest gefühlt deutlich kälter als die Nacht davor.

Neben stehen bleiben und aufs erfrieren warten, wofür es dann wohl noch noch ne Ecke warm war, blieb mir aber nur radfahren, also arbeitete ich mich weiter und wartete darauf, dass die *zensiert* Sonne ihren *zensierten* *zensiert* über den *zensierten* Horizont bewegt und wärme erzeugt. Bis das wirklich klappte dauerte eine ganze Weile, die ich dann aber auch anderweitig beschäftigt war. Z.B. damit mir regelmäßig mit der Trinkflasche ins Gesicht zu spritzen um nicht wegzuknicken. Und dann wiederum nach Brunnen zu suchen um was zu trinken zu haben.

Zwischendurch wurde ich sogar mal richtig warm. Eine der Kontrollstationen war eine Burganlage auf der Sitze eines fast übertrieben langen Zehnprozenters den wir nur hochgefahren sind um den Stempel zu holen und auf der anderen Seite wieder unter zu fahren. Bei Dunkelheit ja sowieso.

Wie dann gegen Morgen die Kälte langsam in den Hintergrund rückte wollten mal wieder gewisse biologische Grundfunktionen betüdelt werden. Also das langsam eng wurde musste ich mir dann doch einen Einkaufsladen suchen und kaufte Brot, Käse und Klohpapier.

Sinnigerweise (das wort taucht in letzter Zeit irgendwie häufiger auf) war genau danach die Pampa zu Ende und ich konnte damit nichts anfangen. Ich durfte also nochmal eine Stunde kneifen bis dann bei Kilometer 1080 rum die nächste Kontrolle war. Die hatte nochmal einen ordentlichen Schwierigkeitsgrad, denn ich brauchte so langsam eine Pause und dor ging es erst ordentlich nach oben und dann genauso ordentlich und überhaupt nicht ordentliches Kopfsteinpflaster bergab. Das war hart.

Die Kontrollstation war ein Hotel, weiter nicht bemerkenswertes, ausser das ich einmal, naja usw. was werde ich wohl getan haben?

Essen war es nicht, dass hab ich kurze zeit später auf einer Bank unter ein paar Bäumen. Bis zur besagten Bank am Ende einer ewig langen Ortschaft waren es um die 5km, danach verblieben noch 93 der vorletzten Etappe. Laut roadbook mittelschweres gewelltes Terrain mit insgesammt 880 Höhenmetern.

Und die hatten es echt in sich. Das müssen irgendwie special Höhenmeter gewesen sein, von denen jeder vier normale zählt oder sowas, denn es ging um die achtzig Kilometer nur hoch und runter. Klar, das ist sozusagen die definition von gewellt, aber es waren auch leider nicht irgendwelche Wellen sondern immer gleich so 10-12 Prozent steile.

Das quälte dann doch etwas, nicht nur wegen des hochfahrens, sondern auch wegen der ganzen Schalt und Bremserei. So richtig frisch war ich ja doch nicht mehr, mit tauben Händen und brennenden Füßen und Hintern.

Und da ich ja vor allem hoch und runter fuhr machte ich ja auch kaum fahrt über Grund und das ganze Zog sich wie Kaugummi. Meine vier Pausen auf vielleicht 80km werden wohl auch als unrühmlicher Rekord für die Ewigkeit stehen bleiben.

Die vorletzte Kontrolle war nochmal ein Hotel in so einer nervigen, Ampelverseuchten Stadt. Da bin ich also direkt weiter und habe mit einem Rest Brot und einem Überangebot an Energieriegeln, die mir alle gleich zum Hals raushingen die letzte Etappe in Ansporn genommen. Ich hatte sie mit dreissig-irgendwas Kilometern im Kopf, dummerwei waren es aber 52.

Im Prinzip ja egal, fast fertig ist fastfertig, aber es bestand für mich noch die Chance U60 aus der Tour rauszukommen und dafür musste ich nochmal die Brechstange auspacken. Denn etwas hügelig war es hier auch noch und es wurde vor allem nochmal Gegenwindig.

So ganz verstanden hab ich die Etappe auch nicht, denn nach den ersten 20km waren die 1200 ja voll und der Start- und Zielort auch nicht mehr ewig weg, aber die Route eierte nochmal ganz schön durch die Gegend und tat das bis zum bitteren Ende. Meine 60 Stunden waren aber dank eines sagenhaften Schnittes von 22.56km/h nicht in Gefahr und ich war gegen 16.50Uhr am letzten Kontrollpunkt. Das war der McDonalds von Veszprem und daher verweilte ich da auch nur lange genug um meinen Stempel zu bekommen. Danach ging es nochmal durch den Ort ins Wohnheim/Hotel. Zimmer bezahlen, Rad abstellen, Startkarte in Startkartenbox werfen, duschen, ins Bett fallen, fertig.

Es war gegen sechs Uhr Abends als ich im Bett lag und ich bin auch völlig ohne Umschweife (und Decke) weg gewesen.


2014/03/18 17:44